Die Beendigung von alternierender Telearbeit stellt eine beteiligungspflichtige Versetzung dar

Leitsätze:

Soll ein Arbeitnehmer, der bislang weit überwiegend an einem vom Arbeitgeber eingerichteten häuslichen Arbeitsplatz tätig war (alternierende Telearbeit), wieder ausschließlich an der Betriebsstätte eingesetzt werden, liegt darin regelmäßig eine mitbestimmungspflichtige Versetzung, § 99 Abs. 1 BetrVG.

Der Betriebsrat kann die Zustimmung zu dieser Maßnahme nicht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG erfolgreich auf Verstöße gegen Normen stützen, die lediglich die individualrechtliche Unwirksamkeit des Widerrufs der Telearbeitsvereinbarung bzw. der Versetzung bewirken und die die ausschließliche Beschäftigung in der Betriebsstätte nicht untersagen. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Einstellungen und Versetzungen ist kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle.

I.

Im Jahr 2007 vereinbarte die Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin mit einer Arbeitnehmerin, welche sich zu dem Zeitpunkt in Elternzeit befand, die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes sowie die Beschäftigung in alternierender Telearbeit, damit diese sich um ihr Kind kümmern konnte.

Die Arbeitnehmerin erbrachte ihre Arbeitsleistung in der Folgezeit überwiegend an ihrem häuslichen Arbeitsplatz.

Gemäß der getroffenen Vereinbarung konnte die Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von drei Monaten zu Monatsende ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.

Aufgrund einer bundesweiten Umstrukturierungsmaßnahme versetzte die Arbeitgeberin die Arbeitnehmerin im Jahr 2016 mit Zustimmung des Betriebsrats an einen anderen Standort.

Zudem wurde die Arbeitnehmerin im Frühjahr 2018 durch die Arbeitgeberin unter Erläuterung der Gründe über die Absicht des Widerrufs der Vereinbarung über die alternierende Telearbeit informiert.

Die Arbeitgeberin leitete dem Betriebsrat einen Antrag auf Zustimmung zu und begründete diesen damit, dass die Betreuung des Kindes der Arbeitnehmerin wegen Alters, das Kind war mittlerweile 12 Jahre alt, weggefallen sei und veränderte Aufgaben sowie entstandene Mehrarbeit eine engere und kurzfristige Abstimmung im Team und eine Anwesenheit vor Ort erforderten.

Mit Schreiben vom 15. April 2019 teilte dieser der Arbeitgeberin mit, er stimme dem Widerruf der alternierenden Telearbeit nicht zu. Zur Begründung führte der Betriebsrat zusammengefasst aus, es lägen die Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 BetrVG vor. Die beabsichtigte Maßnahme verstoße gegen § 6 MTV, da nicht erkennbar sei, dass die danach notwendige Interessenabwägung bzw. eine Anhörung der Arbeitnehmerin stattgefunden hätten. Zudem halte die Maßnahme die Vorgaben des § 106 Satz 1 GewO nicht ein.

II.

Unter Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die Beendigung von alternierender Telearbeit mit der Folge, dass die Arbeitnehmerin wieder ausschließlich an der Betriebsstätte eingesetzt werden soll, eine beteiligungspflichtige Versetzung nach § 99 Abs. 1 BetrVG darstellt.

Zwar war die Versetzung mit einem Nachteil im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG verbunden, da diese mit vermehrten Fahrtzeiten und Kosten verbunden war. Jedoch hatte die Arbeitgeberin für die Versetzung plausible Sachgründe, sodass im Ergebnis kein Widerspruchsrecht des Betriebsrats vorlag.
Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Normen, wie in § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG genannt, nur solche sind, deren Zweck darin besteht, die personelle Maßnahme selbst zu verhindern. Die Frage, ob die Arbeitgeberin mit dem Widerruf der Telearbeitsbefugnis auch arbeitsvertragliche Regelungen verletzt bzw. ihr Weisungsrecht nach § 106 Gewerbeordnung nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat, fällt nicht unter die Prüfungskompetenz des Betriebsrats und damit auch nicht unter § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.

Quelle: BAG, Urteil vom 20. Oktober 2021, 7 ABR 34/20

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